Grüns verstehen: Stimp, Geschwindigkeit & Verhalten

Praktischer Guide zu Grün-Geschwindigkeiten (Stimp)

von Tobias Bojko

Du kennst das: Der Putt fühlt sich gut an, rollt sauber los – und bleibt trotzdem vor dem Loch liegen. Oder er schießt dir plötzlich einen Meter zu weit vorbei. Der Unterschied? Grüngeschwindigkeit. In diesem Guide lernst du, was der Stimp-Wert bedeutet, welche Faktoren ein Green schneller oder langsamer machen – und wie du dein Putten sofort anpasst. Kurz: Du verstehst Grüns, anstatt dich über sie zu ärgern.

Typische Stimp-Werte im Vergleich

PlatztypStimpGefühl auf dem Grün
Öffentliche Plätze / feucht6–8deutlich mehr Tempo nötig, Putts sterben eher aus
Clubturnier / gepflegtes Sommergrün9–10solide Geschwindigkeit, gutes Feedback
Top-Privatclub / regionale Events10–11schnell, präzises Touch-Management nötig
Pro-Tour / Major-Setup11–13+sehr schnell, leichte Berührung, Breaks werden größer

Wetter, Pflege & Oberfläche: Was das Grün wirklich schnell macht

1) Feuchte & Wasser

  • Regen/Morgentau bremst: Wasserfilme erhöhen den Rollwiderstand.
  • Trockenheit beschleunigt: fester Boden, kürzerer effektiver Halm.

2) Schnitthöhe & Walzen

  • Niedrigere Schnitthöhe = schnelleres Grün (typisch 3–4 mm).
  • Walzen glättet die Oberfläche → mehr Roll, weniger Mikrobremsen.

3) Pflegezyklen

  • Vertikutieren/Aerifizieren verbessert die Ebenheit langfristig.
  • Düngung/Bewässerung steuern Dichte & Elastizität des Rasens.

4) Mikrostruktur & Getreide (Grain)

Vor allem bei Bermuda rollt der Ball mit dem Wuchs schneller und gegen den Wuchs spürbar langsamer. Achte auf Mähstreifen, Glanz und Richtung zum Abendlicht.

Grasarten: Warum nicht jedes Green gleich tickt

  • Bentgrass (Agrostis): fein, dicht, sehr gleichmäßig – beliebt in gemäßigten Klimazonen; kann sehr schnell gemäht/gewalzt werden.
  • Bermuda: robust, körnig, deutliches Grain; bei Hitze top, im Winter overseedet (Rye).
  • Poa annua: tageszeitabhängig, nachmittags „bumpy“ durch Samenstände; morgens am gleichmäßigsten.


Grün mit Flagge: Green-Speed-Test in Lykia Links Golf, Antalya
Grün – Stimp-Messung auf dem Lykia Links Golf, Antalya.

Taktik: So passt du dein Putten an den Stimp an

Auf langsamen Grüns (Stimp 6–8)

  • Längere Bewegung, aber gleichmäßige Beschleunigung.
  • Mehr Energie durch den Ball, aber kein „Stoß“ aus dem Handgelenk.
  • Linienwahl: Weniger Break einkalkulieren – der Ball „hält“ die Linie besser.

Auf mittleren Grüns (Stimp 9–10)

  • Standardrhythmus, Fokus auf Treffqualität.
  • Startlinie trainieren (Gate-Drill) und Speed-Korridor (30–60 cm Ausroll).

Auf schnellen Grüns (Stimp 11–12+)

  • Kompakter Schwung, weiche Hände, Ball stirbt am Loch.
  • Mehr Break einkalkulieren – der Ball rollt länger seitlich.
  • Uphill: mutiger; Downhill: defensiver (Zielpunkt näher).

Dein Pre-Round-Programm (10 Minuten), um das Tempo zu „kalibrieren“

  1. 3× Längen-Drill (5, 10, 15 m): nur auf Speed putten, Loch egal.
  2. Leiter-Drill: 5 Bälle nacheinander jeweils 30 cm weiter ausrollen lassen.
  3. Serien-Drill: 10 Putts aus 1,5–2 m – Fokus Startlinie, nicht „reinwürgen“.
  4. Downhill-Uphill-Abgleich: 3 Putts bergab, 3 bergauf gleicher Startentfernung.

Break lesen: Was Geschwindigkeit mit der Linie macht

Geschwindigkeit und Linie sind untrennbar. Ein langsamer Putt nimmt mehr Break auf, wenn er lange rollt – ein härter gespielter Putt „kürzt“ den Break, riskiert aber mehr Auslipper. Definiere vor jedem Putt: „Tote ins Loch“ (sanft) oder „aggressiv Mitte“ (direkter) – und passe die Linie konsistent dazu an.

Greenkeeper-Faktoren: So steuern Clubs die Stimp-Geschwindigkeit

  • Schnitthöhe & Schnittfrequenz (einmal vs. zweimal täglich)
  • Walzen (Turniertage)
  • Bewässerung (morgens/abends, gezielt statt flächig)
  • Topdressing (feiner Sand für Ebenheit)
  • Belüftung/Vertikutieren (Elastizität, Gesundheit, Ebenheit)

Tobias-Faktor: „Wir hatten am GC Seddiner See an warmen, trockenen Tagen spürbar schnellere Grüns als am Morgen nach Regen – Walzen + geringere Schnitthöhe haben’s deutlich gemacht.“

Häufige Fehler – und wie du sie vermeidest

  • Kein Aufwärmen: 5 Minuten Feel fehlen → falsche Distanzeinschätzung von Grün 1 an.
  • Zu viel Handgelenk: Tempo wird unkonstant → setze auf Schulterpendel.
  • Falscher Fokus: Nur Linie, kein Speed. Merksatz: „Speed first, line second.“
  • Gleiches Tempo auf allen Grüns: Passe Rhythmus & Ausholweg an die Tagesbedingungen an.

Praxis-Box: Mini-Übungen für zu Hause

  • Meter-Mindset: Rolle Bälle auf Teppich 1 m, 2 m, 3 m – ohne Ziel, nur Distanz.
  • Glasrand-Drill: Putt endet am Glasrand und „stirbt“ daran – perfektes Pace-Feedback.
  • Tempo-Takt: Zähle im Kopf „eins–zwei“ (hin–zurück) für einen konstanten Rhythmus.

Weiterlesen & Technik vertiefen

Fazit: Tempo lesen, Punkte sparen

Wer den Stimp versteht, trifft smartere Entscheidungen: Du kalibrierst dein Tempo, wählst die Linie passend und vermeidest Dreiputts. Nimm dir vor der Runde 10 Minuten fürs Feel, beobachte Feuchtigkeit, Glanz & Mähstreifen – und entscheide konsequent zwischen „Tot ins Loch“ oder „aggressiv Mitte“. So wird jedes Green berechenbarer – egal, ob Stimp 7 oder 12.

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